Schäden in und an einem Haus durch Tiefbauarbeiten

Wer schon einmal Tiefbauarbeiten vor seiner eigenen Tür ertragen musste, die Wände zu wackeln begannen, einige Bilder von der Wand fielen oder das Haus plötzlich Risse an der Fassade zeigte, stellt sich unweigerlich die Frage, wer für die Schäden aufkommt. Wenn die Bauarbeiten von einer Firma in Auftrag gegeben worden sind, haftet dann vielleicht der Auftraggeber? Wollte die Stadt vielleicht die Wasserleitungen erneuern, haftet dann vielleicht die Stadt?

Wir haben aktuell das Problem in Essen-Rüttenscheid. In der Nähe des Amtsgerichts Essen wird ordentlich gebaut und bei uns in der Redaktion wackeln jeden Tag die Wände. Computer stehen in der Regel nicht so auf Erschütterungen und wir haben recherchiert ob und wer für entstandene Schäden am Ende aufkommen würde.

Die in solchen Angelegenheiten angerufenen Gerichte kommen in Deutschland zu unterschiedlichen Urteilen:

3 Urteile im Bezug auf Schäden durch Tiefbauarbeiten

Das Oberlandesgericht Schleswig entschied zu Gunsten einer Klägerin.

Die Stadt hatte bei Tiefbauarbeiten mit schwerem Gerät gearbeitet und zur Durchführung der Arbeiten einen Rüttler eingesetzt. In dem 1890 errichtetem Gebäude in unmittelbarer Nähe zur Baustelle brach bei den Arbeiten an mehreren Stellen der Estrich auf. Das Gericht stufte die Erschütterungen als Immissionen ein, die dazu führten, dass sich große Risse im Estrich einstellten. Die Risse seien für den Eigentümer nicht hinnehmbar und das Gericht gab dem Kläger Recht. Das Eigentum des Klägers sei beschädigt worden und für den Erschütterungsschaden sei die Stadt verantwortlich. Während der Bauarbeiten hätte man mehr Rücksicht auf das Haus nehmen müssen.

Urteil des Oberlandesgericht Jena, Klage abgewiesen

Zur Abgrenzung eines Grundstückes war vor mehr als 100 Jahren eine Natursteinmauer errichtet worden, die zu Beginn der Tiefbauarbeiten schon einige Risse aufwies. Nach Beendigung der Tiefbauarbeiten hatte die Anzahl der Risse stark zugenommen. Um der Klage auf Schadenersatz stattgeben zu können, hätte der Grundstücksbesitzer den Zustand der Mauer vor Beginn der Bauarbeiten und nach Abschluss der Bauarbeiten dokumentieren müssen.

Urteil Oberlandesgericht München

Bei Schadenersatzansprüchen aufgrund von Straßenbauarbeiten kann ein einziges Foto helfen. Das Oberlandesgericht München gab einem Kläger Recht, dass die Risse in der Fassade seines Hauses durch die Baumaßnahme vor seiner Haustür entstanden sind, weil er vor Beginn der Baumaßnahme die Fassade seines Hauses fotografiert hatte. Der Zeitstempel des Fotos ließ keinen Zweifel zu, dass die Risse vor der Baumaßnahme nicht da waren.

Das Deutsche Institut für Normierung e.V.

Wer der Überzeugung ist, dass in Deutschland mit allen möglichen Geräten für den Straßenbau gearbeitet werden darf, der irrt sich. Die dazugehörige DIN-Norm 4150-3 trägt den Namen: Erschütterungsbewertung und Geräteanforderungen unter Berücksichtigung der hierfür existierenden Normen. In dieser Verordnung, die sich mit Erschütterungen im Bauwesen befasst, wird festgelegt, welche Anforderungen Geräte erfüllen müssen, auch, wie laut sie sein dürfen, um im Straßenbau eingesetzt zu werden. Alle Geräte werden mehrmals einer Prüfung unterzogen, bei der Auslieferung, nach drei Jahren, nach Beschädigung oder Reparatur und nach jeder Funktionsstörung. Alle Schäden, sowohl an Altbauten und Neubauten, die eintreffen können, werden im Ursachenkreis erfasst.

Die Grobeinteilung umfasst:

  • Einflüsse durch Bauausführung
  • Bauliche Einflüsse überlagert durch natürliche Alterung
  • Baubetriebliche Einflüsse
  • Gebäudeunterhaltung
  • Krieg
  • Biologische Einflüsse
  • Extreme Witterungseinflüsse
  • Baukonstruktion/Planung /Baustatik
  • Bauphysikalische Einflüsse

Im Inneren des Ursachenkreises werden weitere Spezifikationen vorgenommen, die der Grobeinteilung untergeordnet sind. Schäden an Putz und Anstrichen genauso wie Orkan und Erdbeben oder starker Wurzeldruck. Unter der Rubrik Einflüsse durch Bauausführung erscheinen die Schäden Bodennachsetzung, direkte Beschädigung durch Baumaschinen, Grundwasserabsenkung, Verstaubung und, die schon an anderer Stelle genannten, Erschütterungen.

Wenn sich der Bauunternehmer an die in der DIN-Norm festgesetzten Regeln hält, sind die Chancen auf Schadenersatz ohne hinreichende Beweise sehr niedrig. Wenn die Maschinen ordnungsgemäß und sachgemäß betrieben werden, wird es schwierig, ihm eine Absicht oder ein Fehlverhalten nachzuweisen. Gutachter müssten unter Umständen bestellt werden, die Risiken eines Gerichtsverfahrens müssten abgewogen werden und ein Fachanwalt für Baurecht wäre die erste Wahl. Die größten Chancen, einen Gerichtsprozess zu gewinnen ist die lückenlose und umfangreiche Beweissicherung am besten durch zeitnahe Vorher- und Nachher-Fotos.

Haben Baustellenarbeiten bei Ihnen schon mal Schäden angerichtet? Haben Sie den Schaden bezahlt bekommen? Wie sind Sie vorgegangen? Wir freuen uns auf Ihre Hinweise in den Kommentaren.

Bildquelle: Pixabay-Userin InstagramFOTOGRAFIN

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